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Kultur

Münsterland = "sagen" - haftes Land (19)

Weiter geht es in unserer Serie mit "Die Glockenkuhle zu Harsewinkel"

Die Glockenkuhle zu Harsewinkel

Da steht der Turm, der schöne feste Turm,
und weiset zu dem Himmel hin;
der Hahn darauf – der mahnet und erweckt
die Reue und den Bußesinn.

Kaum stand der Turm, gemauert fest und stark,
da brach man das Gerüste ab
und zog die große erz´ ne Glock´ empor
und stieg vor Freude auf und ab.

Ach, dass in dieser Freud´ und Trunkenheit
die Glockentaufe man vergaß,
wie auch, den Priester herzurufen schnell!
Man war so froh, man war so baß!

Denn als die Glocke hing im Turm und Stuhl,
da zog man heftig an dem Strang;
jedoch ein Grau´n ergriff die Leute all, -
ein Schreckenston ihr Ohr durchdrang.

Die Glocke flog mit Saus und Braus hinweg,
wohl eine halbe Stunde weit
und flog, wie Blitz und Pfeil, zur Breede hin
zu einer Wiese, groß und breit.

Dort wurzelt sie sich ankerfest im Grün;
doch weilt´ sie da nur kurze Zeit,
als scheute sie, zu scheiden so geschwind; -
dann sank sie hin – in Ewigkeit.

Man sah ihr nach und sah verschwinden sie,
man eilt´ ihr nach im schnellsten Lauf
und fand ein tiefes, unergründlich Loch
voll Wasser und noch Blasen oben drauf.

Man nahm den längsten Schaft und suchte nach;
doch wie? was hilft das Suchen noch?
die Glocke ist ja hin, verschwunden, fort
im tiefen, allertiefsten Loch.

Denn dieses Loch, so dort man setzt noch sieht,
ist wirklich als so tief bekannt,
dass keiner, wer´s auch sei, drin fischen kann
und wird die „Glockenkuhl“ genannt.

(W. Bahlmann)

Foto: Erich Westendarp/www.pixelio.de

 

Foto: Erich Westendarp